Der 30-jährige Wahlhamburger Lennart Rother fand es war an der Zeit mit dem stereotypischen Bild des Mannes als emotionslosem Neandertaler aufzuräumen. Aus diesem Grund gründete er den Blog lennloveslife, auf dem er über das Leben, die Liebe, Gefühle und alles was ihn bewegt schreibt. Dazu musste modernworklife natürlich mehr erfahren und hat sich auf die Suche nach dem weichen Kern hinter der rauen Männerfassade begeben.

Lennart Rother – Entrepreneur, Digital Professional und Gründer von lennloveslife.com

Böse Zungen würden behaupten, dass Männer in deinem Alter noch mitten in der Pubertät stecken. Wie kommt es, dass du bereits so reflektierend über das Leben und seine Herausforderungen bloggst? 

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Nach meinem Studium habe ich in Berlin in verschiedenen Start-Ups gearbeitet. Das waren zum Teil sehr fordernde aber auch spannende Jobs. Als ich 30 wurde stand ich vor der Frage, ob ich jetzt die nächsten Jahre so weitermachen möchte. Der Drang meine bisherigen Erlebnisse Revue passieren zu lassen kam auf und ich habe mich entschieden noch einmal etwas anderes zu wagen. Ich fand es war an der Zeit auch die männliche Sichtweise rund um das Thema Emotionen darzustellen. Besonders in den sozialen Medien ist mir aufgefallen, dass viele Männer immer noch in einem konventionellen Rollenbild gefangen sind und sich als stark und unverletzbar darstellen. Das wollte ich ändern. Schon war die Idee zu meinem Blog lennloveslife geboren, auf dem ich meine persönlichen Erfahrungen verarbeite und weitergebe.

Wem ist das klassische Rollenbild der Männer geschuldet? Liegt es vielleicht sogar an den Frauen, die nicht auf einen „Beschützer“ verzichten möchten?

Natürlich kann es passieren, dass sich Männer auf Grund der Erwartungshaltung einer Frau in die klassische Rollenverteilung gedrängt fühlen. Doch meistens findet die Aneignung von Verhaltensmustern bereits im Kindesalter statt. Auch heute noch werden Jungs, teils unterbewusst, dazu erzogen weniger Gefühle zu zeigen. Das prägt für den Rest des Lebens. Aufgeschlossen mit seinen Emotionen umzugehen erfordert immer auch Selbstbewusstsein. Wer sich öffnet macht sich angreifbar. Wenn man dann nicht auf Verständnis trifft, kann einen das sehr persönlich treffen. Davor haben viele Männer Angst. Dennoch denke ich, dass es heutzutage eine Wegbewegung von physischen Idealen ( auch innerhalb einer Beziehung ), hinzu emotionaleren Eigenschaften gibt. Das macht es für Männer leichter zu ihren Gefühlen zu stehen.

„Wer sich öffnet macht sich angreifbar“

Wie darf man sich denn eine typische Männerrunde vorstellen? Kommen Gefühle dabei zur Sprache? 

Es gibt unheimlich viele sehr vertraute Männerfreundschaften, bei denen auch ernstere Themen zur Sprache kommen. In größeren Runden nimmt dann allerdings meist die Gruppendynamik überhand. Da kommt das archaische Bedürfnis des Mannes sich innerhalb der Rangordnung zu behaupten leider oft durch. So bleibt es meist bei oberflächlichen Stammtischthemen. Wer dabei Gefühle anspricht, wird eher abgestempelt und ausgegrenzt.

Zeigen Männer heutzutage mehr Gefühle als früher?

Ich denke, dass die Gesellschaft auf dem Weg in eine richtige Richtung ist. Männer öffnen sich heutzutage definitiv mehr als ihre Geschlechtsgenossen in früheren Generationen. Allerdings zieht der Einblick in die eigene Gefühlswelt immer noch ein Risiko mit sich. Wer Schwäche zeigt muss Position beziehen und diese auch verteidigen können. Das kann nicht jeder.  Die Angst vor Diskriminierung ist immer noch sehr hoch. Da sind Frauen schon viel weiter. Sie sprechen offen über Gefühle und lassen auch körperliche Nähe untereinander mehr zu.

„Wer Schwäche zeigt muss Position beziehen und diese auch verteidigen können“

Wie kann man sich einen offenen Umgang mit Gefühlen in der Berufswelt zu Nutze machen?

Es gibt immer noch viele Männer, die einen Schutzmantel aus Strenge und Unnahbarkeit um sich gelegt haben, um so ihr Innenleben zu verstecken. Einigen fällt es schwer dieses Verhalten auch im Privatleben abzulegen. Allerdings wird der Wert von Soft Skills immer bedeutender. Heutzutage wird viel weniger körperlich gearbeitet. Statt Muskelkraft muss man nun in der Lage sein Mitarbeiter begeistern zu können. Das geht hauptsächlich durch Stärken in Empathie und Kommunikation. Dabei ist es wichtig sowohl positives, als auch negatives Feedback geben zu können und sich selbst auch einmal Fehler einzugestehen. Dafür braucht es auch Bewusstsein über die eigenen Gefühle.

Also stehen die Gefühle der Karriere nicht im Weg?

Definitiv nicht! Die Rolle des distanzierten Vorstehers über ein Projekt ist lange überholt. Hierarchien werden nach und nach abgebaut. Moderne Arbeitsprinzipien fördern Menschen, die Offenheit zeigen können. Wer erfolgreich sein möchte braucht sowohl fachliche, als auch menschliche Kompetenzen.

Was möchtest du der Männerwelt im Bezug auf Gefühle mit auf den Weg geben?

Es ist ein unheimlich weiter Weg bis man seinen Gefühlen aufgeschlossen gegenüber stehen kann. Wer sich näher mit dem Thema beschäftigt wird merken, dass es gut tut seine Emotionen zu zeigen. Offenheit zeugt von Stärke. Beziehungen erreichen oftmals ein ganz neues Level. Wer über seine Gefühle spricht gibt dem Gegenüber den Anstoß es ihm gleich zu tun. Auch beruflich macht Vertrauen innerhalb eines Teams Spaß. Auch wenn es Überwindung kostet, freut sich jeder über offenes Feedback. Das führt letztendlich auch zu mehr Verständnis und Erfolg.

„Offenheit zeugt von Stärke“

Der erste Schritt in die richtige Richtung ist es am Leben teilzunehmen und achtsam mit seinen Mitmenschen umzugehen. Auch die Reflexion über Situationen und die eigenen Gefühle können helfen. Letztendlich muss man(n) aber seinen eigenen Weg finden.

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